Grüner Wasserstoff spaltet die Europäische Union

Die EU, ein auf nicht eingehaltenen Verträgen beruhendes und daher kaum definierbares überstaatliches Gebilde, kann nicht als Hort der Stabilität und der viel beschworenen Nachhaltigkeit gelten.

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Nun droht diesem ohnehin krisenanfälligen Zusammenschluss in der Energiepolitik, für die die EU-Kommission nach dem Lissabon-Vertrag eigentlich gar nicht zuständig ist, eine potenziell explosive Kraftprobe zwischen der Berliner Ampelregierung und der Regierung Macron/Borne in Paris. Auslöser ist das Ansinnen der Ampelregierung, die EU möge die Gaskraftwerke subventionieren, die in Deutschland dringend gebaut werden müssen, um die verhunzte „Energiewende“ zu retten.

Da diese Kraftwerke nur als Lückenbüßer für den vom grünen Milieu bevorzugten unsteten Wind- und Solarstrom dienen sollen, können sie nicht rentabel betrieben werden. Sie werden voraussichtlich nur etwa 1500 bis 2000 Stunden im Jahr benötigt. Um rentabel zu werden, müssten sie mindestens doppelt so lange laufen. Deshalb interessierten sich private Investoren bislang nicht für die 30 bis 50 Gaskraftwerke, die nach einschlägigen Berechnungen von McKinsey noch in diesem Jahrzehnt gebaut werden müssten, um die Elektrizitätsversorgung Deutschlands zu sichern. Bis jetzt sorgen ungeliebte Stein- und Braunkohlekraftwerke für den notwendigen „Backup“ des unzuverlässigen Grünstroms. Ohnehin ist Deutschland unterm Strich bereits auf Stromimporte aus Nachbarländern angewiesen. Daher die für Bundesklimaminister Robert Habeck (Die Grünen) naheliegende „Lösung“: Der Bau von Gaskraftwerken soll massiv staatlich, d.h. durch die ohnehin von den Finanzämtern schon ausgequetschten Steuerzahler subventioniert werden, um doch noch Investoren anzulocken.

Doch damit steht die Berliner Ampelregierung gleich vor dem nächsten großen Problem: Die Subventionierung von Kraftwerken muss nach den geltenden Regeln von der EU-Kommission genehmigt werden. Nach dem von der Kommission beschlossenen und vom EU-Parlament abgesegneten „Green Deal“ gilt die Subventionierung des Baus herkömmlicher Gaskraftwerke, da diese mit einem „fossilen“ Energieträger betrieben werden, allerdings als ausgeschlossen. Habeck und seine Berater hat das aber wohl nur kurz in Verlegenheit gebracht. Sie deklarierten die Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 23,8 Gigawatt, deren Bau ab dem kommenden Jahr sukzessive ausgeschrieben werden soll, in ihrem Antrag an die EU-Kommission kurzerhand in Wasserstoff-Kraftwerke um. Denn nach dem Wunsch der Grünen sollen diese von vornherein so ausgelegt werden, dass sie eines fernen Tages auch mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Am 1. August 2023 gab Robert Habeck bekannt, er habe darüber mit der EU-Kommission bereits eine grundsätzliche Vereinbarung erzielt.

Nach dem in Berlin im Jahre 2020 beschlossenen nationalen Wasserstoffplan (inzwischen fortgeschrieben) sollen in Deutschland bis 2030 Elektrolyseanlagen mit einer Kapazität von mindestens 10GW entstehen. Diese sollen mithilfe von vorwiegend durch Offshore-Windkraftanlagen (WKA) gewonnener Elektrizität bis zu 28 Terawattstunden (TWh) grünen Wasserstoff erzeugen. Das erscheint angesichts der kostentreibenden Reparaturanfälligkeit der Offshore-Anlagen und dem daher rührenden nachlassenden Interesse der Investoren mehr als kühn. Die Windstrom-Kapazität wird selbst nach den offiziellen Schätzungen nicht ausreichen, um die stromfressenden Elektrolysegeräte zu versorgen. Deshalb sieht der Wasserstoffplan von vornherein vor, dass ein bedeutender Teil des deutschen Wasserstoffbedarfs durch Importe gedeckt werden muss. Diesem Zweck dient das Projekt einer Wasserstoff-Pipeline von Marokko über Spanien und Südfrankreich bis nach Deutschland. Dagegen regt sich schon jetzt in Südfrankreich Widerstand – aus verständlichen Gründen.

Zurzeit macht die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland nur etwa 5 Prozent der Gesamtproduktion von etwa 60 TWh aus. Diese wird überwiegend auf klassische Weise nicht mithilfe der Elektrolyse, sondern durch die Dampfreformierung von Erdgas gewonnen, weil dafür im Vergleich mit der Herstellung von grünem Wasserstoff nur knapp ein Siebtel des Energieaufwandes benötigt wird. Es kann zurzeit ausgeschlossen werden, dass die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland so weit gesteigert werden kann, dass das für 2030 festgelegte Ziel erreicht wird. Denn dafür bräuchte man in Anbetracht der auf hoher See erreichbaren Auslastung der WKA und der erwartbaren hohen Umwandlungsverluste eine WKA-Kapazität von mindestens 300 TWh. Dem Habeck-Ministerium kommt es allerdings letztlich gar nicht darauf an, das angeführte Ziel zu erreichen. Es sucht lediglich eine Rechtfertigung für die Umdeklarierung von Gaskraftwerken zu grünen Wasserstoff-Kraftwerken, um an EU-Subventionen gelangen zu können.

Dagegen regt sich aus verständlichen Gründen Widerstand vor allem in Frankreich. Ohnehin regt sich dort bereits wachsender Unmut gegen eine abermalige Erhöhung des staatlich regulierten Strompreises für Privatverbraucher. Diese Preiserhöhung folgt aus der Teilnahme Frankreichs am EU-Strompreisfindungssystem nach dem Merrit-order-Prinzip, wonach die am teuersten produzierenden deutschen Gaskraftwerke den Strompreis bestimmen. Immer mehr Stimmen verlangen deshalb, Frankreich solle sich, wie bereits Spanien und Portugal, vom europäischen Strommarkt zurückziehen. Das sei möglich, ohne bestehende Verträge zu verletzen, da es eine gemeinsame Energiepolitik der EU nach dem Lissabon-Vertrag gar nicht geben könne. Auch Emmanuel Macrons Energiewende-Ministerin Agnès Pannier-Runacher scheint inzwischen begriffen zu haben, dass die von Berlin inspirierte Energiepolitik der EU-Kommission in erster Linie das Ziel verfolgt, die Kostenvorteile Frankreichs aufgrund preisgünstiger Kernenergie und alpiner Wasserkraft zunichte zu machen. Zu diesem Zweck wurden Leute mit engen Kontakten zum deutschen Think Tank „AGORA Energiewende“ und dessen amerikanischen Sponsoren systematisch in französische Ministerien und Spezialagenturen wie ADEME (Agence de la transition écologique, agence de l’environnement et de la maitrise de l‘énergie) eingeschleust. Werden Frau Pannier-Runacher und ihr Chef den Mut aufbringen, das offen auszusprechen?

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: harald44

Also mal ein allgemeinverständliches Beispiel:
Ein Arzt habe, um im Notfall Patienten anfahren und versorgen zu können, ein E-Auto. Da dieses aber nicht immer voll aufgeladen vor seinem Haus stehen kann, er aber seine Notfallpatienten erreichen MUß, legt er sich ein Dieselauto als Zweitwagen zu, denn dessen Motor springt immer an und dessen Tank bleibt auch über einen langen Zeitraum der Nichtnutzung voll oder genügend voll.
Nach einiger Zeit fragt er sich, warum und wie lange er sich zwei Fahrzeuge wird leisten können. Das E-Auto ist teuer gewesen und wird häufig benutzt, das Reserve-Dieselauto war nicht so teuer und wird selten nur benutzt. Aber bezogen auf die Standzeit und die wenigen Kilometer, die er damit jährlich fährt, ist es doch das teuere Auto von beiden.
Also wird er früher oder später das E-Auto abstoßen und nur noch Diesel fahren, denn dadurch sinken die spezifischen Kosten des Verbrennerautos und zusätzlich spart er sich die Unterhaltkosten für das E-Auto und braucht einen Parkplatz weniger.
Logisch, nicht wahr?

Gravatar: Hans-Peter Klein

Die Rede ist u.a. von, Zitat:

"... die Kostenvorteile Frankreichs aufgrund preisgünstiger Kernenergie..."

Warten wirs ab, das lag in der Vergangenheit wohl maßgeblich an Frankreichs Uranbilliglieferanten aus ehemaligen französischen Kolonien, Länder wie Niger die zu den ärmsten der Welt gehören, da außer einer geschmierten Oberschicht die breite Mwenge nicht am großen natürlichen Reichtum des Landes profitiert.

Generell, was die natürlichen Ressourcen (somit Reichtümer) dieses Planeten anbelangt, da dürtfte noch einges in naher Zukunft passieren, vor allem die BRICS-Staaten haben eine lange Liste aus neuen Bewerberstaaten, hauptsächlich aus Afrika und Lateinamerika.

Den USA und allen ehemaligen Kolonialmächten fällt nach und nach ihre eigene historische Vergangenheit auf die eigenen Füße.

Deutschland ist gut beraten, sich aus diesen Verteilungskämpfen raus zu halten und wo es geht auf eigene Kräfte zu setzen bei der Energieversorgung.
Dazu zählen unserer heimischen Primärenergienquellen, hauptsächlich sämtliche Erneuerbare Energien.
Im Jahresmittel auf dem Stromsektor sind wir bereits aktuell in derselben Größenordnung wie der französische Kernenergieanteil letztes Jahr 2022.

Frankreich lag schon mal bei 75% Kernenergie, ein Wert der aus mehreren Gründen wohl nicht mehr erreicht wird.

Umgekehrt stürmt Deutschland auf monatlich neue Rekordwerte bei den Erneuerbaren Energien zu.

Rein strategisch, geopolitisch beurteilt würde ich Deutschalnd einen klaren Standortvorteil bei der Energieversorgung bereits zuordnen.
Einen klar identifizierbaren Vorteil durch die Kernenergie kann ich Franklreich jedenfalls nicht zuordnen, weder technisch-industriell, noch wirtschaftlich, noch gesellschaftspolitisch.
Eventuell bei der Elektromobilität, da hat Frankreich eine größere Angebotspalette wie die deutsche Automobilindustrie.

MfG, HPK

Gravatar: Heinrich

Die EU ist eben kein überstaatliches Gebilde. Sie will es aber sein. Die 195 Staaten dieser Welt, sind konstituierte Staaten mit eigener Verfassung und Flagge. Dies gemäss Völkerrecht (welches nicht eindeutig ist). Die anderen Staaten anerkennen einen neu konstituierten Staat. Aber die Staaten behalten ihre eigene Souveränität und die höchste Instanz in ihrem Land sind sie selber, aber nicht die anderen Staaten. Die EU ist kein Staat, sie hat auch keine Landfläche und eigene Bewohner, wie z.B. der Vatikan. Sie agiert im Handels/Privatrecht. Mit Verträgen mit Staaten hat sie einige Rechte von den Staaten übernommen, somit diese einen Teil ihrer souveränen Rechte abgegeben haben. Diese Verträge sind kündbar wie jeder andere Vertrag mit Organisationen im Handelsrecht und Staaten können aus der EU austreten.Vielleicht kommt es noch soweit.

Auch international können die Staaten Verträge abschliessen mit UNO, WHO, Weltbank, BIZ, NATO. Diese sind alle kündbar und stehen nicht über den Staaten. Die Globalisten versuchen dies seit geraumer Zeit zu suggerieren und haben zum Ziel, dass die Staaten alle Rechte aufgeben und von den internationalen Organisationen regiert werden.

Das ist nicht nötig und wird nicht gelingen. Auch bei der
WHO nicht, welche mit Ihrem Corona Virus sehr viel Schaden angerichtet hat (milde ausgedrückt) und immer mehr Abklärungen diesbezüglich finden statt mit trostlosen Resultaten wenn man hinter die Kulisse schaut.

Die WHO wird weiter kämpfen und neue Virus Attacken sind geplant um ihr Ziel zu erreichen.

Gravatar: Jürgen Sobich

Im Chemieuntericht wurde früher gerne die Knallgasreaktion vorgeführt. Entsprechend bewaffnet mit Gesichtsschutz und gebührenden Abstand der Schüler kam es zur Durchführung. Nicht immer verlief der Ablauf wie geplant, was die Spannung erhöhte im Hinblick der körperlichen Unversehrtheit des Chemielehrers.

Bei einem führeren Klassentreffen beklagte sich unser Chemielehrer, dass man sein Fach einfach abwählen kann. Das Buffett an Auswahlmöglichkeiten bis hin zum Singen und Klatschen drängte sein Fach aus der Allgemeinbildung.

Die glamourösen Lebensläufe von MdB und MdL lassen zumindest erahnen, wer was, wann, wo etwas im Bildungsleben verpaßt hat.

Ich nehme mal an, dass in Zukunft Tiefgaragen autofrei sind, wg. den explosiven und brennempfindlichen Kfz. Sollte man in Hessen bei der verdichteten Bebauung nicht vergessen, dass Tiefgaragen keine Zukunftlösungen sind, höchsten als Luftschutzbunker, solange kein Regensturz sich anbahnt.

Gravatar: Werner Hill

Nachdem hier schon einige überzeugende Experten zum Thema (grüner) Wasserstoff zu Wort kamen, halte ich die Diskussion um technisch und wirtschaftlich untauglichen grünen Wasserstoff für reine Augenwischerei.

Für mich ist das ein nur allzu durchschaubares Manöver, um vom Scheitern der Energiewende und vor allem vom Ruf nach Wiederbelebung der Atomkraft abzulenken.

Und wer hat eigentlich genehmigt, daß sinnvollerweise nationale Entscheidungen von der EU-Kommission "genehmigt" werden müssen?

Beim dem von den Totengräbern Deutschlands erzwungenen Ausstieg aus der Atomkraft bedurfte es offenbar keiner Genehmigung durch die EU ...

Gravatar: asisi1

Man sollte hier einfach mal fragen: Wer soll diesen neuen Schwachsinn denn bezahlen??? Würden die Politiker den Schwachsinn den sie anrichten selber zahlen müssen, würden wir im Paradies leben!

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